image_top_2

Neuestes Bild

vom 11.07.2011

neues Bild

gallery
menu_oben

Start / 1871-1918 / Vor 100 Jahren - Kosaku Yamada, ein Dierhäger Kurgast aus Japan

Vor 100 Jahren - Kosaku Yamada, ein Dierhäger Kurgast aus Japan

von: Detlev Schauwecker

neues Bild

Yamada, ca. 1915
Sammlung D. Schauwecker

Japans jüngere Musikgeschichte ist ohne Kosaku Yamada (1886-1965) nicht denkbar. Komponist, Dirigent und Orchesterbegründer、hatte dieser Musiker in jungen Jahren, als er in Berlin studierte, wiederholt Dierhagen aufgesucht und in sein Herz geschlossen, in den Sommermonaten 1911, 1912 und 1913. Die Ostsee-Zeitung berichtete darüber (18./19.Okt.2008), ein Buch über seine Dierhäger Erinnerungen erschien 2009 („Reigen in hellen Nächten“,erhältlich in der Kurverwaltung Dierhagen) und im August 2011 ist dem prominenten Kurgast aus Japan eine Ausstellung in der Kurverwaltung gewidmet und ein Musikabend in der Dierhäger Kirche – nahe dem Haus, in dem er damals gewohnt hatte.
Wir berichten heute von seinen bewegten Jugendjahren und werfen abschließend einen Blick auf die nicht weniger bewegte Laufbahn dieser eigenwilligen Persönlichkeit.

Wenn wir Kosaku Yamadas Kartengrüße aus Dierhagen nachlesen oder in seinen Memoiren blättern, hören wir immer wieder ein herzliche Beziehung heraus, die zwischen Dierhägern und dem jungen Mann aus dem fernen Osten entstanden war. Wir spüren eine große Zuneigung, die er zu dem Dorf und seiner Landschaft gefaßt hatte und die ihn bis in den Lebensabend begleiten soll.
Kosaku Yamada, ein Tokyoter von spontaner und vitaler Natur, zählte bald nach Rückkehr aus Deutschland zu den energischen Neuerern im japanischen Musikleben. Das Land hatte sich seit wenigen Jahrzehnten an westlicher Musik zu orientieren begonnen und viel ist Yamada zu verdanken, daß Japan der Sprung aus dem Gehege der Musikakademie-Säle zur großen Orchester- und Opernbühne gelang und seither ein Aufstieg, daß heutzutage japanische Musiker in westlichen Orchestern als Konzertmeister sitzen und auch dort dirigieren.
Aus seinen Erinnerungen „Rhapsodie in jungen Jahren“ erfahren wir, daß es just in Dierhagen war, wo Gedanken zu grundsätzlichen Neuerungen des japanischen Musiklebens reiften, und wohl nicht zuletzt deswegen fühlte er sich Zeit seines Lebens „diesem Dorffleck am Meer im Norden“ tief verbunden. – Es ist von daher nicht verwunderlich, wenn japanischen Musikforschern, die sich mit Kosaku Yamada befassen, der Name „Dierhagen“ vertraut ist – und auch Dierhäger sollten wissen, daß von ihrem Dorf ungeahnte Fäden nach Japan und seiner neuzeitlichen Musikgeschichte führen.

Tun wir einen Blick auf das Leben dieses Mannes, sehen wir zunächst einen armen und bleichen Jungen sich im Großstadtgetriebe Tokyos verdingen, eher er in der Landesmetropole die große Bühne der Musikwelt betreten wird.

Kindheit, Jugend
Kosaku Yamada wurde am 6. Juni 1886 als sechstes und zweitletztes Kind der Yamadas in Tokyo geboren. Die Vorfahren seiner Eltern sollen über Generationen als Amtsleute in Diensten eines belehnten Samurai-Clans bei Nagoya gestanden haben, im Erbland der Shogunfürsten Tokugawa. Als in den 1870er Jahren die Fürstentümer aufgelöst und zu Präfekturen zusamengefaßt wurden, ging auch die Welt der Samurai zu Ende, die in den Friedenszeiten seit etwa 1600 meist in fürstlichen Verwaltungen gesessen hatten. Auch der Vater Kosakus schaute sich nach neuen Lebensmöglichkeiten um. Er wurde in Tokyo erfolgreicher Börsenspekulant und unterhielt ein großes Büro. Doch bald nach Kosakus Geburt wendete sich das Glück, das väterliche Unternehmen ging in Konkurs. Die Familie zog ins benachbarte Yokosuka, der Militärhafenstadt an der Tokyo-Bucht, wo der Vater mit neuen Kräften nun ein Buchgeschäft eröffnete.
Damals stand der japanisch-chinesische Krieg (1894/5) vor der Tür und und wir sehen den kleinen Kosaku begeistert den Militärkapellen nachlaufen, die durch die Stadt zogen. Gleichzeitig wird er mit Kirchenliedern vertraut, denn die Familie seiner Mutter waren eifrige Protestanten, und ein Harmonium stand im Haus. Die hellen Klänge der Militärmusik, die weichen Melodien der Kirchenlieder und die dem Harmonium eigenen Stimmungen waren die Grundlandschaft seiner Tonwelt damals, und sie werden später in Kompositionen nachklingen.
Doch auch die Tage in Yokosuka sind gezählt. Das väterliche Geschäft fällt einem Brand zum Opfer, zudem läuft der älteste Sohn von Zuhaus fort. Als Kosaku sieben wird, schlägt es die Familie wieder zurück nach Tokyo, inmitten der Armut stirbt der Vater an Krebs. Kosaku war damals neun. Er bezieht nun das Wohnheim einer „Arbeitsschule“, der ein Pfarrer vorsteht; tagsüber arbeiten die Zöglinge in einer Druckerei, danach lernen sie in der Abendschule. Arbeit, Lernen und Chorallieder – so war der Alltag, und erste Träume werden wach, selber zu komponieren.
Zugleich rächt sich die harte Arbeit in der Schriftsetzwerkstatt: als der Zögling zwölf ist, spuckt er Blut, sein Leben ist eine Weile in Gefahr. Zur Genesung verbringt er zwei Jahre bei der Mutter in Kamakura, nahe Tokyo.
Als er wieder auf gesunden Beinen steht, verdingt er sich in Tokyo als Kofferboy am Zentralbahnhof Shimbashi und zu anderen Jobs mehr. Mit vierzehn wendet er sich im Wunsch nach einer ordentlichen Schulausbildung an seine älteste Schwester, zu der er dann nach Okayama übersiedelt, im Südwesten des Landes. Sie ist dreizehn Jahre älter und das Aushängeschild der Familie: selber Lehrerin an einem Lyzeum und verheiratet mit einem Engländer, der gleichfalls unterrichtet, zudem unter Verwandten Sir-Titel-Träger aufweisen kann. Er war Musikliebhaber, diplomierter Organist und förderte die erwachten musikalischen Interessen des Jungen, auch finanziell. – In freien Zeiten spielten die beiden Tischtennis und zählten damit landesweit zu den ersten Spielern dieser Sportart.
Während der Junge wieder Choräle anstimmt, träumt er mehr denn zuvor, Komponist zu werden. Kosakus Mutter dagegen hielt es für ehrenrührig, wenn der Sohn eines Samurai Musikant wird, willigte jedoch schließlich ein, ehe sie starb. Kosaku war damals siebzehn. Er wechselte zu einer protestantischen Schule nach Kobe, saß dort oft an der Orgel und sang im Chor. Dann trat er, wieder in Tokyo, 1904 in die Kaiserliche Musikakademie Ueno ein – hoher Musentempel der Einführung westlicher Musik, ein Vierteljahrhundert zuvor von der Meiji-Regierung gegründet. (Die Akademie lebt heute als Musikfakultät der Staatlichen Kunsthochschule Tokyo fort).

Studienjahre Tokyo
Kosaku entschied sich zum Studium der Vokalmusik. Sein tiefer Wunsch blieb jedoch das Komponieren, nur gab es hier - bis 1930 - kein Kompositionsfach. Wer also Komposition studieren wollte, mußte selber einen Weg finden. Die Akademie war nach deutschem Muster eingerichtet und auch Kosaku hatte zwei deutsche Lehrer: der eine, August Junker, ein Schüler des bekannten Wiener Violinvirtuosen Joachim, war Bratschenmeister im Chikago-Orchester gewesen, der andere, Heinrich Werkmeister, kam von der Berliner Hochschule für Musik. Bei ihnen lernte er Cello und Musiktheorie und versuchte sich in kleinen Kompositionen. Werkmeister legte seinem wohlhabenen Privatschüler K. Iwasaki nahe, den begabten Studenten nach Studienabschluß, 1910, zu fördern. Iwasaki nahm bei Werkmeister privat Cellounterricht und war Neffe des Mitsubishi-Konzern-Gründers Y. Iwasaki; er leitete später den Konzern und förderte die junge westliche Musikszene des Landes im großen Stil. K.Iwasaki gab dem begabten jungen Mann die Summe für ein dreijähriges Deutschland-Stipendium, und Kosaku stieg wenig später selig in den Sibirien-Express nach Berlin. Er studierte dort an der nachmaligen Musikhochschule von April 1910 bis Januar 1913 im Kompositionsfach, unter der Obhut von Max Bruch und betreut von von K.L.Wolf.

Studienjahre Berlin
Die drei Studienjahre in Berlin waren außerordentlich fruchtbar. Während er sich an der Musikhochschule in herkömmlicher Harmonie und Kontrapunktik übte, nahm er in vollen Zügen all die kulturellen avantgardistischen Strömungen auf, die im Berlin des ausgehenden Kaiserreichs im reichen Maß flossen, ob in der Musik (R.Strauß), in der Malerei (Expressionismus) oder im Tanz (Ausdruckstanz der Hellerau-Tanzschule). Damals schuf er Werke, die in der japanischen Musikgeschichte eine neue Epoche einleiten. Ältere oder gleichaltrige Absolventen seiner Tokyoter Musikakademie komponierten damals Schul- und Soldatenlieder, Gesänge mit Klavierbegleitung, kleinere Instrumentalwerke, allenfalls einfachste Opern. Kosaku aber wagte in Deutschland den Schritt zur weit aufwendigeren Musik. Er schuf dort, zum ersten Mal aus japanischer Hand und wie in einem Zuge, Stücke für Blas- und Streichorchester, symphonische Werke, symphonische Gedichte und eine Oper mit voller Orchesterbegleitung („Der gefallene Engel“). (Bis hierher folgt die Ausführung in weiten Zügen Morihide Katayama (Umschlagtext zur CD „Naxos DDD8.555350J“).

Unter seinen Berliner Arbeiten hat die „Symphonie in F-Dur“ eine Beziehung zu Dierhagen, wo er sie im August 1912 abschloß. Die Symphonie war – zusammen mit der symphonischen Vertonung eines Mörike-Gedichts („Die Herbstfeier“) – seine Berliner Abschlußarbeit im Kompositionsfach gewesen. Der Kandidat hatte unter Beweis zu stellen, daß er das Handwerk des Komponierens beherrscht. Die Klangwelt der Symphonie ist klassisch-frühromantisch, mitunter glaubt man sich in Nähe zu Beethovenschen Symphonien, zur Fünften oder zur Sechsten Symphonie, der „Pastorale“. Er nannte die Symphonie später „Triumpf und Frieden“ und hat damit nachträglich wohl auf den 1914 begonnenen Weltkrieg Bezug genommen. Er hatte bereits 1911 bei seinem ersten Besuch an einen Freund in Tokyo über Dierhagen geschrieben:“Daraus mache ich eine Musik!“. Jahrzehnte später schrieb er in seinen Erinnerungen:

Was ist ... [der Dierhäger Morgen] anderes als der Satz einer bukolischen Symphonie! Das Bild vom Morgen einer stillen und verschlafenen Welt. [...] Ich lasse mich vom friedlichen Bild dieser Morgenstunden einnehmen, tue verwundert einen Seufzer: Gibt es so einen weich anhebenden friedlichen Morgen denn in Wirklichkeit? [...] Der Morgen von Dierhagen wurde schließlich ein Leitthema in meiner ersten Symphonie „Triumpf und Frieden“. Es war im August 1912. Ich schrieb in diesem Dorffleck am Meer im Norden den Schlußton der Symphonie nieder. Das Motiv, aus dem das Werk geboren war, ergab sich in dieser Umgebung und aus diesem Anlaß [...] .

Anklänge an Beethovens „Pastorale“ gehen in diesem Sinn auf das Erleben der geschilderten ländlichen Idylle zurück. Sie malen den Dierhäger Morgen, das Horn wird den Kuhhirten assoziieren, dem er in den Memoiren ein eigenes bezauberndes Kapitel widmet, das kräftige Dreier-Rhythmus-Stück den wilden nächtlichen Tänzen der Dierhäger Jugend, den er noch nach Jahrzehnten mit Faszination schildert. In diesem Sinn können wir das Werk „Dierhäger Symphonie“ nennen.

Weitere Lebensstadien
In wenigen Worten sind die folgenden Lebensabschnitte Kosaku Yamadas gezeichnet. – Einiges projektiert er in den kommenden beiden Jahrzehnten mit seinem Studienfreund Kazo Saito (Kunst, Design), mit dem er sein Berliner Zimmer geteilt hatte – und auch in Dierhagen gewesen war.

1910er Jahre
In den Jahren nach der Rückkehr, 1914, bis etwa 1920 bringt er eigene Werke auf die Bühne; wir erkennen in symphonischen Tanzstücken Wagnerische Ideen eines Gesamtkunstwerks und expressionistische Anregungen aus Berlin und Hellerau/Dresden. – Zu seinen avantgardistischen Bühnenstücken treten in späteren Jahren zwei Opern.
1914 besorgen Yamada und Saito eine erste expressionistische Ausstellung in Japan („Der Sturm – Holzschnittausstellung“). Yamada gründet 1915 mit Unterstützung seines Mäzen, des oben genannten Iwasaki, ein Symphonieorchester – kurzlebig, da Iwasaki die Gelder streicht, als der frisch gebackene Ehemann Yamada sich bald einer anderen Dame zuwendet. Eigene Klavierstücke werdem uraufgeführt, ein eineinhalbjähriger New-York-Aufenthalt bringt Aufführungen eigener symphonischer Werke auf die Bühne und erste Anerkennungen eines japanischen Dirigenten im Ausland.

1920er Jahren
In den 1920er Jahren wendet sich Yamada zusammen mit Lyrikern verstärkt einer Erneuerung des japanischen Lieds zu; die schönsten seiner knapp 700 Lieder sind aus jenen Jahren, sie werden bis heute gesungen. Er gründet eine „Japanische Musiktheater-Gesellschaft“ (1920), die sich bis heute mit Opernaufführungen über Wasser hält. Unbeirrt geht er seinem Wunschtraum von einem japanischen Symphonieorchester nach. Er will ein erstes Konzert zusammen mit dem damals besten Symphonie-Orchester Ostasiens starten, dem „Ostchinesischen Eisenbahn-Orchester“ in Harbin, das aus erster Garnitur exilrussischer Musiker bestand. Das verheerende Erdbeben im Tokyo-Raum (1923, „Kanto-Erdbeben“, Magnitude 7.9) kommt ihm dazwischen und das Konzert verzögert sich um zwei Jahre. Aus dem Ensemble geht das Japanische Radiosymphonie-Orchester (NHK-Orchester) hervor, bis heute die erste Musikadresse des Landes. Russische Konzertmeister blieben lange Zeit im Orchester tonangebend und Yamada, der in Berliner Tagen und bei einem Moskauer Aufenthalt die Musik russischer Avangardisten lieben gelernt hatte, schätzte den Beitrag seines Nachbarlands am Aufbau des japanischen Musiklebens sehr.
1930 fanden Festlichkeiten anläßlich Yamadas 25-jähriger Musikbühnentätigkeit statt, eine umfangreiche Gesamtausgabe seiner Werke ging in Druck. Er hatte zudem eine gewandte Feder, schrieb viel, Fachliches und Essaistisches, was in Zeitschriften und einer Reihe von Büchern erschienen war.
30er und frühe 40er Jahre
1930 sehen wir ihn in Paris, wo allerdings im letzten Augenblick die geplante Uraufführung seiner Oper abgesetzt wird, anschließend auf großer Konzertreise in der UDSSR (1931), später noch einmal am Dirigentenpult in Deutschland, so in Dresden, und in osteuropäischen Ländern (1937).
Die Deutschlandtournee 1937 hatte deutliche politische Vorzeichen und sollte bei zunehmendem deutsch-japanischen Zusammengehen die Freundschaft beider Länder unterstreichen. Zu dem gleichen politischen Ziel war 1937 gemeinschaftlich ein Film gedreht worden „Tochter der Samurai“ mit den prominenten Regisseuren A.Fanck und M.Itami; die Musik dazu hatte Yamada geschrieben. -. Die Uraufführung seiner Oper „Schwarze Schiffe“ – gemeint waren damit die provokanten westlichen Schiffe um 1850 an Japans Küste - trägt ihm 1940 einen hohen Kulturpreis ein; auch diese Arbeit trug politische Akzente.
In den frühen 1940er Jahren sehen wir den gefeierten Komponisten und Dirigenten innenpolitisch in höchster verantwortlicher Stellung des mittlerweile zentralistisch regulierten Musiklebens - vergleichbar der NS-zeitlichen Präsidentschaft eines Richard Strauß in der Musikkammer des Propagandaministeriums. Er dirigiert tausendköpfige Massenchöre in Tokyo, betreut musikalisch 1942 in der Manschurei die Feierlichkeiten zum zehnjährigen Bestehen (der dortigen japanischen Marionettenregierung) und vertont immer wieder kriegsertüchtigende Lieder; weit lebhafter als in Deutschland war Musik von der japanischen Regierung für die Mobilisierung des Volks in Kriegszeiten eingesetzt worden.

Nachkriegsjahre
Yamada führte im Dezember 1945 über seine kriegszeitliche Tätigkeit ein – in der Zeitung abgedrucktes - Streitgespräch mit dem linken Flügel der japanischen Musikwelt; sinngemäß soll er einmal geäußert haben: wenn der Kaiser öffentlich keine Reue bekunde, sehe auch er hierzu keine Veranlassung – was ja in einem Sinne den Nagel auf den Kopf traf.
1956 wurden ihm noch einmal höchste Auszeichnungen durch eben diesen Kaiser, den Showa-Tenno, zuteil. Yamada komponierte, nach einem leidlich überstandenem Schlaganfall, weiterhin bis etwa 1963 und betreute in der Zeit die Abfassung von Musiklehrbüchern. Er starb im Jahr 1965 im Alter von 79 Jahren.

Kosaku Yamaya und Dorothea Schmidt
Der 26jährige Yamada verlobte sich am Weihnachtsabend 1912 mit der Berlinerin Dorothea Schmidt, mit der er auch Tage auf Fischland verbracht hatte; die Mutter pflegte mit den beiden Töchtern im Sommerurlaub beim Dierhäger Dorfschulzen Heinrich Vosz Quartier zu nehmen und die Familie hatte ihren fernöstlichen Untermieter mit an die Ostsee genommen.
Bald nach Yamadas Ankunft in Berlin hatte ihm seine japanische Verlobte aus Tokyo mitgeteilt, die Beziehung zu lösen, und der junge Mann war hierdurch und durch übermäßiges Lernen in eine bedenkliche Krise geraten. Die Schmidts nahmen ihren Untermieter zu Ferientagen nach Cottbuss mit, wo ein Onkel Dorotheas in seinem schönen Pfarrhaus den angeschlagenen jungen Japaner wieder auf die Beine half. Damals übersetzte Dorothea dem genesenden Yamada den Text der Straußschen „Salome“-Oper ins Englische, und der junge Mann wird wohl spätestens bei der Verführungsszene Salomes seinen Blick auf die Übersetzerin geworfen haben, wie sie auf ihn. – Eine reizvolle Notiz („Mein liebes Professerchen, wenn du mich wirklich lieb hast, wie du sagst, ...“) ist erhalten, in der sich die Berlinerin mit Witz bei Yamada für eine zu weit gegangene Äußerung von ihr offensichtlich entschuldigt.
Eine Ehe kam – wie Yamada später schreibt: wegen des Kriegsausbruchs – nicht zustande. Er heiratete bald, später noch zweimal und meint rückblickend, von allen fünf Frauen, an deren Seite er gelebt habe, habe Dorothea am meisten von sich für ihn gegeben.

Anekdotisches
Noch in den Berliner Tagen änderte Yamada die Schreibweise des Vornamens „Kosaku“ in „Kósçak“ ein Verleger habe Lieder herausgeben wollen, doch kichernd gemeint, der Vorname Kosa-ku klinge nach „Kuh“, einer „Cosa-Kuh“, und Yamada entschied sich nach Rücksprache mit einem Akademie-Lehrer für die Schreibung Kósçak. Gleichzeitig weist ein mitschwingendes „Kosak“ nach Rußland und damit wohl auf Yamadas damals erwachende Begeisterung für russische Musik.
...
In frühen Jahren stand Yamada mit längerem Haar am Dirigentenpult. Als ein Bekannter die wirren Strähnen des temperamentvollen Dirigenten monierte und eine Perücke vorschlug, ging Yamada stracks zum Friseur und hatte seither Glatzenschnitt. Im chinsesischen Schriftzeichen seines Vornamens, Kosaku, fügte er ein Zeichenelement zu, daß die vorgeschlagene Haarperücke assoziierte.
Er besaß nicht nur literarisch, sondern auch zeichnerisch eine gute Feder, und signierte seither in Gästebüchern öfters mit seiner kahlen Schädels in Cello-Form; er selber hatte, wie wir oben gehört haben, einmal das Cellospiel gelernt.